Als Macher einer Ausstellung rechnet man sicher mit vielen Eventualitäten. Dass es jedoch aufgrund einer weltweiten Pandemie zu Ausgangsbeschränkungen und Veranstaltungsverboten kommen könnte, wäre Stadtarchivar Patrick Wiesenbacher bei der Planung der dritten Sayle-Ausstellung im vergangenen Jahr nicht im Leben eingefallen. Doch genau so kam es und so musste die am 1. März eröffnete Schau bereits nach zwei Wochen wieder schließen. Aus der Galerie im Marstall-Foyer wurde eine Corona-Fieberpraxis. Jetzt ist klar, dass Kulturangebote wieder unterbreitet werden dürfen und es zu einer Fortsetzung an anderer Stelle kommen kann. So startet am Donnerstag, 21. Mai erneut die Ausstellung „Fotoatelier Sayle – Wirtschaftswunderjahre“, diesmal im Rathausfletz.
„Wir möchten allen Interessierten nochmals die Möglichkeit bieten, unsere Fotoausstellung zu besichtigen“, erzählt Patrick Wiesenbacher und ergänzt: „Die Schau lief richtig gut an und bewies, dass die Neuburger sehr interessiert an ihrer jüngeren, lokalen Geschichte sind.“ Schwerpunkt der insgesamt dritten Sayle-Ausstellung ist der Neuburger Einzelhandel in den 1950er und 1960er Jahren. Viele erinnern sich noch an das Kaufhaus Paul, den kleinen Kiosk an der Schlossmauer, das Lebensmittelgeschäft Hansmann, Elektro Paulus, Mode Paula und viele weitere Geschäfte. Patrick Wiesenbacher war es bei der Zusammenstellung wichtig, die Ursprünglichkeit und Individualität des Einzelhandels, die heute in vielen Bereichen verloren gegangen ist, in den Vordergrund zu stellen.
Die Nachkriegszeit bedeutete für viele Einzelhändler das Aus, entweder durch Zerstörung ihres Geschäftes oder durch verpassten Anschluss an die Herausforderungen der neuen Zeit. Für manchen Neuburger waren die 1950er Jahre aber auch ein Neuanfang, indem sie Mut zur Neugründung bewiesen. Der Einzelhandel jener Zeit versprach gute Verdienstmöglichkeiten, da noch kein Überangebot an Waren existierte und die Preisbindung aus zweiter Hand Sicherheit gab. Viele Tendenzen der 1950er Jahre, die damals den Einzelhandel revolutionierten, bestimmen bis in die Gegenwart unser Konsumverhalten.
Max Julius Sayle hatte eine besondere Vorliebe für Gewerbe- und Industriefotografie. Er gilt insbesondere in den 1950er und 1960er Jahren als wichtiger Chronist der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt Neuburg an der Donau. Ihm haben es die Neuburger zu verdanken, dass viele Gewerbe der Wirtschaftswunderjahre in Erinnerung bleiben und die Leistungen früherer Generationen nicht vergessen werden.
Die Ausstellung „Fotoatelier Sayle – Wirtschaftswunderjahre“ ist vom 21. Mai bis zum 14. Juni jeweils Donnerstag und Freitag von 17 – 19 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 – 19 Uhr in der städtischen Galerie im Rathausfletz zu sehen. Der Eintritt ist frei. Ein kostenloses Begleitheft liegt zur Mitnahme bereit. Für den Besuch gelten die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln. Bitte achten Sie auf das Tragen einer Mund- und Nasenmaske.